![]() Mittwoch, 26. Juni 1985 Der Sommerpalast und schlemmen in Peking Um 5.00 Uhr trifft sich eine kleine Gruppe der Frühaufsteher im Hotel, um gemeinsam durch die Straßen zu gehen, um den Schattenboxern bei ihrer Tätigkeit zuzusehen. Man findet sie schon einige Meter vom Hotel. entfernt, und wir sind sehr erstaunt über ihre graziösen und ausdrucksvollen Bewegungen. Man sieht sie überall stehen, auf Gehweg, Straße oder in den Anlagen, jeder hat einen Platz gefunden und macht seine spezielle Gymnastik. Es gibt auch verschiedene Gruppen, die z.B. nur Hand- oder Beinübungen machen. Sehr schön sind auch die Schwertschwinger oder die Karateübungen anzusehen, dadurch gibt es ein sehr abwechslungsreiches Bild. Manche Chinesen brachten sogar ein Transistorradio oder ihren Vogel mit, der dann irgendwo in einem Busch, Baum oder Zaun gehängt wurde. Inzwischen rücken einige Chinesen schon mit ihren Frühstücksständen an, die schnell an der Straße aufgebaut werden, und die Arbeiter können, bevor sie mit dem Bus zu ihrem Arbeitsplatz fahren, schnell ihr Frühstück, sei es Gebäck, Suppe, Eier oder irgendein Grünzeug (Gemüse) oder Kerne einnehmen. So ist schon in der Frühe ein sehr reges Leben auf der Straße. Um 8.00 Uhr gibt es das übliche Frühstück im Hotel, das - wie immer - aus Toast, Marmelade, Butter, Ei, Milch und Kaffee besteht. Es wird gleich die 2. Kanne Kaffee bestellt, da es mit dem Nachschub nicht so schnell klappt und der Durst sehr groß ist. Um 8.45 Uhr ist Busabfahrt. Es ist wieder ein schöner, sehr warmer Tag, und es klingt eine Stimme im Bus durch: "Heut' ist wieder ein Cola-Tag". Herr Zhu erkundigt sich nach unserem Befinden und gibt den Tagesablauf bekannt. Wir fahren nun mit dem Bus in nordwestlicher Richtung zum Sommerpalast, wo wir um 9.15 Uhr ankommen. Der Sommerpalast befindet sich im Nordwesten Pekings, die Gesamtfläche beträgt 290 ha, davon fallen 3/4 auf den Kunming-See. Betritt man den Palast durch den Haupteingang, das Osttor, kommt man in das Viertel, wo die Erledigung der Staatsgeschäfte stattfand. Das Hauptgebäude, die Halle des Wohlwollens und der Langlebigkeit besteht aus sieben Räumlichkeiten. Der Innenhof ist mit Kiefern und Zypressen bewachsen. Vor den Treppen stehen Dreifuß, Drachen und Phönixe aus Bronze gegossen. Besonders ins Auge fällt ein mythologisches Tier mit einem Drachenkopf, Löwenschwanz, Hirschgeweih, den Hufen eines Ochsen und Schuppen, die als gutes Vorzeichen angesehen werden. Die Nebengebäude dienten als Dienststellen der Minister und der regierungsunmittelbaren Behörden. Hinter dem Hauptgebäude liegt das Wohnviertel, wo die Kaiserwitwe Cixi, der Kaiser Guangxu und seine Konkubinen wohnten. Ein überdachter Wandelgang von 728 m verläuft entlang des Kunming Sees von Ost nach West, wovon die Besonderheit die bemalten Deckenbalken sind, die mit geschichtlichen oder mythologischen Szenen oder Landschaften versehen sind. Entlang dem Wandelgang sind achteckige Lauben mit einem Doppeldach versehen. Geht man westwärts des Sees kommt man an das berühmte Marmorboot, das aus den Geldern, die für den Bau einer Kriegsflotte bestimmt waren, gebaut wurde. Wir fahren von hieraus, mit einem Motorboot zur anderen Seite des Sees, wo schon unser Bus steht. Auf dem Boot ist ein Verkaufsstand, wo hauptsächlich Ansichtskarten und Papierdrachen gekauft werden. Der Drachenkauf ist so groß, daß der Vorrat nicht mehr reicht, und nun über Funk eine Bestellung durchgegeben wird, und ein zweites Boot uns noch kurz vor dem Ufer mit neuen Drachen beliefert. Pünktlich um 12.00 Uhr sind wir im Freundschaftshotel zum Mittagessen. Um 13.30 Uhr ist die Abfahrt zu den Ruinen des Yuan-ming Yuan (Garten der Vollkommenheit und des Lichtes), die nicht weit vom Sommerpalast entfernt liegen. Wir gehen nun schon sehr ermüdet durch die Hitze, durch die Ruinen der gewesenen Paläste der letzten Kaiserdynastie, die 1860 von den englischen und französischen Truppen zerstört wurden, und von denen nur noch sehr klägliche Steinreste übriggeblieben sind. Von hier fahren wir mit dem Bus zum Hotel zurück, wo wir etwa 2 Std. Ruhe haben. Nach der Ruhepause fahren wir wieder mit dem Bus in die Innenstadt, in eines von 3 Speziallokalen für Pekingenten. Herr Zhu gab uns noch kurz vor der Ankunft im Bus eine Erklärung über die Pekingente. Vor etwa 600 Jahren (Ming-Dynastie) wurden in der kaiserlichen Küche die gegrillten Pekingenten zubereitet, wo sie heute noch nach alten Rezepten hergestellt werden. Zum Grillen werden nur Enten genommen, die in einer von 10 Spezialfarmen gemästet werden. Das Wasser ist von guter Qualität, und es gedeihen auch üppige Wasserpflanzen drin, so daß man große fette Enten hier züchten kann. Nach 65 Tagen sind sie 2 kg schwer und werden in den letzen 3 Wochen tgl. 4x mit einem speziellen Futtergemisch aus Hirse, Sorghum, grünen Bohnen und Weizenspreu gestopft. Die Enten dürfen sich nun kaum mehr bewegen, so daß das Fleisch zart und fett und die Haut dünn bleibt. Es gibt nun verschiedene Grilltechniken. Die gebräuchlichste ist die folgende: Die Enten werden in den Rauchfang gehängt, unter dem ein offenes Feuer aus Dattel-, Pfirsich- oder Birnbaumholz unterhalten wird, wodurch die Enten einen besonderen Geschmack bekommen. Nachdem die Enten gerupft sind, werden sie mit kochendem Wasser gefüllt und die Haut mit Zuckerwasser übergossen. So ist sie danach rot wie Datteln und sehr knusprig. Die fertige Ente wird anschließend in Streifen geschnitten, in eine süße Soße getaucht und in Weizenfladen eingerollt. Wir bekamen nun als erstes die Schwimmhäute und Innereien serviert. Danach kommt der Küchenchef mit der Ente auf einem Tablett herein und wünscht uns einen guten Appetit. Als wir nun dieses Festessen beendet haben, spricht Gisela Stahlhut: "Ente gut, alles gut." Nun machen wir noch einen kleinen Bummel durch die Kaufhäuser und über die Straßenmärkte und treffen uns um 21.00 Uhr zur Abfahrt zum Hotel. Inzwischen hatte sich Irene Scheel bis zu der Herrenschuhabteilung durchgekämpft, um ein Paar passende Schuhe zu bekommen, die sie unter sehr großem Publikum aussuchen durfte und die dann anschließend auf der Heimfahrt zum Hotel nochmals von allen begutachtet werden. Erich Deppendorf
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